Urs Engeler

Einführung zur Ausstellung Repère von Anatol Kempker und Birgit Kempker im Künstlerhaus S11 in Solothurn, Mai 2009






Herzlich Willkommen zu

Repère S11

von Anatol Kempker und Birgit Kempker

im künstlerhaus S11.

Anatol Kempker und Birgit Kempker.
Diese beiden haben etwas gemeinsam.
Dieses Gemeinschaftliche heisst Kempker.
Diese Gemeinschaft heisst Verwandschaft.

Wer Kempker heisst, ist also klar:
Anatol heisst Kempker
Birgit heisst Kempker.

Aber:
Was heisst «Kempker»?
Was ist «Kempker»?
Wo liegt «Kempker»?

Das herauszufinden, dazu dient die filmische Untersuchung «Repère».

Diese Untersuchung beginnt, wie so vieles, in den Fundamenten, im Keller und tonlos.

Wo schläft er?
Wo isst er?
Was regt ihn auf?

Was hört er?
Was sieht er?
Wo kommt er her?

Welche Stelle?

Das sind die Worte des Films zu Beginn des Films, und die Hand, die diese Worte geschrieben hat und die die Hand von Birgit Kempker ist, die Hand von Birgit Kempker, die zu Beginn des Films durch die Bücher in einer Bücherkiste geht, weist auf ein Buch, weist auf den Schutzumschlag eines Buches, weist auf das Buch einer andern, auf dem, in den Worten einer andern, ein Titel steht:

Der verlorene Vater.

Da, in den Worten einer andern, steht, in andern Worten, worum es geht und warum zwei Menschen in einer filmischen Untersuchung etwas versuchen oder jemanden suchen.

Die, die da suchen, sagen dazu in ihren eigenen Worten: «Repère».

In ihren eigenen Worten?

Repère ist Französisch und auch in seinen Bedeutungen vielschichtig. Es bedeutet in der Mathematik ein Achsenkreuz und ein Koordinatensystem, und es bedeutet allgemein eine Markierung, einen Markierungspunkt, ein Markierungszeichen. Die Schweizer Kinder hören in der Schule vom Repère Pierre du Niton, einem erratischen Steinblock im Hafen von Genf, dem Referenzpunkt der Höhenmessung in der Schweiz.

Repère Pierre.
Das wiederholt.
Repère Pierre.
Das reimt wie
Repère Kempker.

Und Reim ist verwandt mit Heim.

repérer qn. ou qc. heisst auch etwas oder jemanden auffinden, ausfindig machen, orten

und se repérer heisst sich zurechtfinden.

Also daheim sein.

Vielleicht ist dieser Film die Untersuchung der Frage:
Was ist daheim?
Wo ist daheim?
Wer ist daheim?
Es gibt in diesem Film, der eben diesen Titel Repère trägt und den Sie hier in diesem Haus sehen und hören können, es gibt in diesem Film eine Stelle, in der die Kamera, die die Kamera in der Hand von Anatol Kempker ist, in der diese Kamera und Anatol Kempker Birgit Kempker folgen, wie sie auf das Fenster eines Hauses zugeht, das das Haus ihres Vaters und das Haus seines Grossvaters ist, und in einem Fenster des Vater- und Grossvaterhauses ist eine Frau zu sehen, und in die Stille, die die Musik, die die Musik von Anatol Kempker ist, an dieser Stelle macht, in diese Stille also, die Anatol Kempker an dieser Stelle macht, sagt Birgit Kempker:

Ich bin Birgit Kempker und das ist Anatol, mein Sohn.

Das ist die Stelle, die reimt.
Da wird jemand gefunden, und es finden sich zwei und sie finden sich zurecht.

Das wünsche ich Ihnen hier mit dieser Ausstellung und diesem Film und dieser Musik von Anatol und Birgit Kempker auch.