Ruth Schweikert

«Hic sunt leones»



«Hic sunt leones» schrieb man einst auf die weissen Flecken der Landkarten, die tödliche Wildnis und das Erschrecken vor ihr mit dem Inbegriff des Raubtiers bezeichnend, das all die diffusen Ängste bündelte, sie objektivierte und ihnen ein Gesicht gab: das Gesicht des Löwen; majestätisch, undurchdringlich und schön. Und es ist, als bewege man sich nicht von einem Bad ins andere, sondern als gehe man im Körperinnern umher, als höre man im Geflüster der Badenden, die fast alle zu zweit sind, Paare und Liebespaare, beständig das Echo jenes ersten Schreis; als wären wir beide, Mutter und Sohn, in den Uterus zurückgekehrt und richteten unsere leer gewordenen Blicke in das «waste land» unserer Zukunft und in die verlorene Wildnis unserer Herkunft, deren letztes Zeugnis wir selber sind.

(Auszug aus Valser Texte - Anthologie der Hausautoren)





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