Barbara Köhler

Tango. Ein Distanz (Auszug)




Im Sprachraum sagt sie Ich, er sagt Ich, sie sagen Wir, sagen Du, Er Sie Es, Ihr oder Sie - & was sagt es dazu? Was hat es zu sagen?
Dritte Personen, hinter der ersten, der zweiten Person: Hinterhalte, Hintergründe, Hintermänner. Hinterfrauen? - kommen nicht vor. Nicht im Sprachgebrauch, obwohl sie nach den Regeln des SprachSpiels möglich wären. Aber das SprachSpiel ist ja auch ein SchauSpiel, in dem die erste Person die Hauptrolle spielt; als Beziehungsdrama spielt jeder es mit dem anderen. Mit wem aber spielt jede? Wer oder was spielt sie mit, wird ihr mitgespielt? Gibt es grammatische Strukturen, mit denen Ausrichtungen des Blicks/der Blicke korrespondieren? Was wären Determinanten für unterschiedliches Rollenverhalten? Gibt es Möglichkeiten außerhalb der klassischen Rollen? Entwicklungsmöglichkeiten? Gibt es Unmöglichkeiten?

Als SpielRaum, als SchauBühne gesehen, öffnet der Sprach-raum sich dem Zuschaun, einer betrachtenden Distanz, die durchaus eine teilnehmende ist: der/die Beobachtende ist Teil des Systems. Das Sprechen über Sprache findet in der Sprache statt, von der es handelt - das Objekt der Untersuchung interferiert mit dem Subjekt. Diese Interferenz soll als grundlegend für die Versuchsanordnung gelten: keine Metaebene, keinen ÜberBlick, sondern mit der Sprache sprechen, auch im Hinblick auf mögliches Entgegenkommen. Die dem Raum angemessene Form ist eine theatrale, ist Perform: Durchspielen. Let's tango!

Barbara Köhler aus: Tango. Ein Distanz, in ZdZ 11