Michael Donhauser: Aus «Vom Schnee»






Es sei gleichgültig, wo man sei, die Arbeit sei da wie dort die gleiche, eine Weile würde sie sich das noch anschauen, sagte die Barfrau, und gewöhnen würde man sich an alles, doch geboren wollte sie hier nicht sein - so sprach sie mit einem Mann an der Theke, wo ich ein Bier trank, manchmal, am Abend, die Bar lag nahe dem Bahnhof, und ich blieb dort, bis der Zug fahren würde: es war Februar, war Fasnachtszeit und das Lokal dekoriert, wie es hiess, wenn halbbekleidete Frauen servierten, es hatte getaut, und schlaff hing nun das letzte Blattwerk in den Sträuchern, ich dachte an die Stadt, an die Schneehaufen, die dort einsacken würden, und an den Staub vom Streukies, den der Verkehr aufwirbelte, ich sah die staubigen Scheiben der Auslagen und wie sie gereinigt wurden, sah das Wasser in einem Kübel dampfen, dann den schwarzen Gummi des Wischers und die Rinnsale, die sich bildeten - all dies schienen Gleichnisse zu sein, und es wurde von Tag zu Tag wärmer, dass das junge Gras schon grünte in den Spitzen und die ersten Mücken auf und nieder stiegen: nie hatte ich mich gefragt, ob ich hier geboren sein wollte, ich war da geboren, in der Nachbarschaft, zahlte dann mein Bier und sah den tiefen Ausschnitt der Barfrau mit der Rundung ihrer Brüste, ich machte mich auf den Weg zum Bahnhof, ging auf dem Gehsteig, der sanft sich bog, nahe den Gleisen, der sanft da lag im Schein der Strassenbeleuchtung.


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