Pressestimmen zu Peter Waterhouse





Was ist das, ein Genesis-Gelände? Worauf deutet es hin? Wie bewegt man sich in dem, was der Wiener Lyriker Peter Waterhouse Genesis-Gelände nennt? Er selbst tastet sich hindurch mit Fragen zu Wortklängen, Silben und Zeilen. Hindurch zu dem ersten Vernehmen von 'Stimmen', die zu hören sind, bevor die Worte zu vernehmen sind. Stimmen hören, vom Anfang her, vom Genesis-Gelände. Die Landschaft spricht, klingt, erinnert sich.» (Brigitte Espenlaub, Info 3/1999)


Dem Lyriker Peter Waterhouse eilen viele Beschreibungen voraus: als «kompromißlosen poetischen Forschungsgeist» beschrieb ihn die Süddeutsche Zeitung; Hugo Dittberner nennt ihn «den Erfinder unter den deutschen Dichtern»; ein «von Präzisionskunst heimgesuchtes Himmelskind», so Friedericke Mayröcker. – Zum Entstehen seiner Bücher schrieb eine Kritikerin: «Er spaziert, fährt weg, kommt an, liest Landschaften, hat ein Auge für übersehene Winkel, und er liest Bücher, liebt unauffällige Passagen. Von all dem schreibt er und bezeichnet seine Schreibkunst als ein Übersetzen. Er übersetzt Fußspuren in Schriftspuren, Früheres in Jetziges. Grenzen, Kategorien, Vor-Urteile schmelzen dahin, wenn Waterhouse schaut. (perlentaucher.de)


«Im Genesis-Gelände. Versuch über einige Gedichte von Paul Celan und Andrea Zanzotto»: Man merkt es diesem «Versuch» von Peter Waterhouse an – der hier schreibt, lebt mit dem, worüber er schreibt, in nahezu symbiotischem Austausch. Mit einer Arbeit über Celan hat der in Wien lebende Schriftsteller Peter Waterhouse promoviert, und mit Zanzotto ist er seit langem als Übersetzer verbunden. So schreibt er im Grunde nicht über ihre Gedichte, vielmehr aus ihnen heraus. Gelesenes und Geschriebenes rücken so nahe zusammen, daß kaum noch zwischen Fremdem und Eigenem unterschieden werden kann. Hier geschieht genau jene produktive Verschränkung von lesendem Schreiben und schreibendem Lesen, der sich bei Frey das «Fest der Sprachentfaltung» verdankt. Waterhouse spricht von einem «genetischen Lesen», das er an Celans Arbeitsweise diagnostiziert und gleichzeitig zur eigenen macht. Die von Celan aufgestellten «Wortlisten» (vier Seiten sind aus der sog. «Tübinger Ausgabe» abgedruckt) bezeichnet er als das «Genesis-Gelände» dieser Dichtung: «Die Wortlisten zeigen die Suche, das Tasten, das Hören dieser Geburt; jedes Wort fast wie ein Tastvorgang – Geschiebelehm wie Prüfung, ob sich eine Gestalt zusammenschiebt im fruchtbaren Stoff des Lehms.» […] Wie ein Wünschelrutengänger bewegt sich Waterhouse in diesem Gelände und kann sich dabei der Fülle des Ertasteten kaum erwehren. «Gehen die Hände, gehen sie über die Landschaft und die Hänge, berühren sie die Hänge? Ist Sprache Berührung?» Die Verwandlung von Hänge in Hände, wie sie im Gedicht «Matière de Bretagne» geschieht, ist eine klangliche Berührung, eine «ineinanderklingende Anwesenheit» und als solche Erinnerung bzw. Wiederholung in veränderter Gestalt. Das ist der Stoff, aus dem Gedichte erwachsen, an dem Gedichte erwachen. «Genesis-Ereignisse»: als Leser spürt ihnen Waterhouse nach und bringt sie – wiederholend – abermals zum Klingen. «Ist also Lesen eine Form des Reimens?» Oder, in umgekehrter Richtung gefragt: «Sind Gedichte aus einem Wort geschrieben?» (Charitas Jenny-Ebeling, neue deutsche literatur, 2/1999)


Es gibt Autoren, von denen man in einem Nebensatz sagen kann, was und wer sie sind: Lyriker, Erzähler, Essayisten, Übersetzer. Peter Waterhouse ist einer, mit dem man das nicht machen kann. Denn er schreibt zwar Gedichte, Prosa, Essays und übersetzt unter anderen Gerard Manley Hop-kins, Michael Hamburger, Andrea Zanzotto und Biagio Marin. Aber seine eigenen Gedichte wären nicht das, was sie sind, wenn Waterhouse nicht in enger Nachbarschaft mit fremden Sprachen, fremden Wortschöpfungen leben würde – und seine Übersetzungen wären nicht dieselben, wenn er nicht in der eigenen Sprache ständig auf der Suche wäre. […] Wie vernetzt Peter Waterhouse in einem poetischen Universum lebt, das seinen Bewohnern durch Texte immer wieder die Augen öffnet für die Wahrnehmung der Welt, kann man nicht schöner sagen, als es Friederike Mayröcker einmal getan hat: ein «von Inspiration und Präzisionskunst» heimgesuchtes «Himmelskind der Poesie» sei Peter Waterhouse. Und zum Beweis, dass ein Lyriker den anderen füttert und die Nahrungskette immer weiter geht, fügte sie emphatisch hinzu: « ...so sass ich mehr als zwei Jahre lang an meinem Honigtisch Seite an Seite mit Gerard Manley Hopkins und Peter Waterhouse und liess mich beatmen von ihrem Geist.» […] Seine Sprache ist auf eine ungewohnte Weise sinnlich, weil es ihm immer um Wahrnehmung, um Nach-bar-schaft, um Durchlässigkeit geht: Die Klänge und die Bedeutungen der Wörter suchen neue Be-rührungen: «Ich glaube, dass es in Gedichten immer eine, nicht leicht zu gewahrende, Unzer-trenn-lichkeit gibt», schreibt er in «Im Genesis-Gelände», einem Versuch über Paul Celan und Andrea Zanzotto, «Wie wenn es eine Art Gesetz gäbe, das vorschreibt, es müsse in dem Gedicht mit dem Wort Mund ein zweites Mal das Wort Mund (zumindest einen so klingenden Reim) geben, weil es im Gedicht keine Einsamkeit geben kann. Das Gedicht eine ineinanderklingelnde Anwesenheit, ein Glück. Oder im grossen Unglück klingelt es ineinander oder aneinander und läutet und lautet und läutert undsofort.» (Christine Lötscher, Tages-Anzeiger)


Wer wie der österreichische Schriftsteller nicht auf Erklärungen abzielt, der bleibt offen für die Prozesse der Sprache. Durchlässig sind die vier namenlosen Personen des Stücks. Ihre Reden gehen nahtlos ineinander über. Im Stück entsteht die Landschaft im zunächst vagen, aber immer konkreter werdenden Assoziieren der Landschaft, eine «Tankstelle» leuchtet durch den Text als eine Art Zentrum poetischer Aufladung. Die Wechselrede lässt diesen Prozess nicht zur leeren Geste werden. Ein emphatisches Schauen treibt einen Text voran, in dem überblendete Bilder im wahrsten Sinne des Wortes einleuchten, aus einem banalen Satz ein Haiku wächst und aus den Initialen Paul Celans – soll sein – ein PC. Übersetzer ist Peter Waterhouse nicht umsonst. Der jetzt erstmals in Buchform erschienene Text bleibt im delikaten Schwebezustand noch nicht zu Ende gekommenen Bedeutens. Wer Literatur als Spaziergang durch ein wohl gepflügtes Terrain der Konnotate sehen will, ist bei Peter Waterhouse am falschen Ort. (Neue Zürcher Zeitung)


Sprache als Dichtung, quer durch Koinzidenz und Deutung, besitzt den Leichtsinn und die Leichtigkeit ihrer aparten Wirklichkeitsschöpfung, sie trägt das Geheimnis und die Geheimnislosigkeit orientierter Gegenwärtigkeiten, säumt die Erinnerung synchroner Wörtlichkeit.
Das erreicht das Stück von Waterhouse. Darum erreicht es ein Stück glückhafter Sinnstiftung. (Christine Vescoli, www.literaturhaus.at)


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