Pressestimmen zu Noëlle Revaz





Noëlle Revaz hat mit ihrem Erstlingsroman «Von wegen den Tieren» ein riskantes literarisches Abenteuer gewagt: Sie leiht einem ungebildeten, gewalttätigen Bauern, der nur in der innersten Kammer seines Herzens einen letzten Funken Liebe sich bewahrt hat, ihre Stimme; sie führt das Reden und Denken eines Menschen vor, der nur von Affekten gesteuert scheint und sich für jeden Anflug von Gefühligkeit schämt; und sie gibt diesem Menschen eine Sprache, die ein dreifaches Zauberstück vollbringt: Wir nehmen dem Mann die Tonart ab; wir anerkennen bewundernd die ästhetisch bis ins kleinste Detail stimmige Künstlichkeit dieser Redensart; und immer bleibt uns ein kleiner Rest an Sympathie für diesen elenden Bauern erhalten. Als wäre damit des Zauberns noch nicht genug: Der Schriftsteller Andreas Münzner hat diesen Roman auf eine Weise aus dem Französischen ins Deutsche gebracht, die man mit Fug als ebenbürtig bezeichnen kann.
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Noëlle Revaz hat ein phantastisches Buch geschrieben über die Herzenskälte, lebensprall und doch vieles nur andeutend, voller Empathie und ohne denunziatorischen Gestus, in einer Sprache, die nur simpel und schräg scheint, in Wahrheit aber Souveränität im Handwerk und Subtilität im Spiel mit Worten verrät. (Roman Bucheli, Neue Zürcher Zeitung)


Das Buch von Noëlle Revaz artikuliert – wie auch Jelinek, wie auch Fleißer – einen Furor, und das nicht zu knapp. Es ist aber kein kaltes Feuer, das hier entzündet wird – vielmehr handelt es sich irritierenderweise um ein nicht nur witziges, sondern auch um ein warmherziges Buch. […] Revaz kratzt den Lack ab, aber gründlich, und das Lachen, das sie provoziert, liegt nahe beim Schrecken. […]
Daß der Roman gleichwohl alles andere als deprimierend wirkt, daß er vielmehr durch seine Komik so oft entzückt, hat natürlich mit der Sprache zu tun. Und es ist an der Zeit, nicht nur die Autorin, sondern auch ihren Übersetzer Andreas Münzner zu würdigen. Ein Text wie der von Revaz verlangt das, was man in aller Emphase eine «Nachdichtung» nennen kann. Diese Nachdichtung ist Münzner überzeugend gelungen; das eigenartig Vertrackte des Originals findet in der Übertragung eine ihrerseits eigenartige, und dabei in sich schlüssige Entsprechung. Noëlle Revaz hat sich in ihrem Roman eine in Rhythmus und Tonfall unverwechselbare eigene Sprach-Welt erarbeitet, d a r i n liegt das Entscheidende an diesem Debüt. Der Roman befreit sich aus dem sogenannten realistischen Diskurs, er durchquert ihn, um einen anderen, imaginären, fremden Raum zu erreichen. Hier wird ja nicht einfach orale Sprechweise zitiert und imitiert. Sondern hier findet sich ein wildes Patchwork aus Regionalismen, Fachsprache, ein künstliches Idiom aus falsch verbundenen Redewendungen, verdrehter Grammatik bis in die schrägen Präpositionen – und wieder einmal zeigt sich, was die artifiziell hergestellte «arme», die «verhunzte», oder, um mit Ernst Jandl zu reden, die «heruntergekommene» Sprache für Reichtümer bereithält. […]
Pauls Monolog ist in vieler Hinsicht ein Paradox, und so ist er nicht zuletzt gleichzeitig schamlos und von einer Reinheit, die berührt. Noëlle Revaz hat ein Buch geschrieben, das auf mehreren Ebenen lesbar ist: Ein Roman, erstens, übers Landleben; die hier beschriebenen Kühe bleiben ja Rindviecher. Aber das Buch ist zweitens auch ein Roman übers Menschenvieh, über die Dornenkrone der Schöpfung, über die Gewalt zwischen Mann und Frau. Und drittens zeigt der Roman: Das Menschenvieh konstituiert sich durch seine Rede, und in dieser Rede ist es unbehaust, ein unsicherer Geselle. Man gerät ins Staunen, wenn man ihm auf seinen krummen Wegen folgt. (Sabine Peters, Deutschlandfunk Büchermarkt: Buch der Woche)


Diese Provokation in Buchform (mehrfach ausgezeichnet) ist ein sprachliches Meisterwerk, das einen mit seinen zotig-zarten Melodien gefangen hält und auf seltsame Weise rührt. Für nicht allzu zart Besaitete wärmstens empfohlen. (Heidi Bühler-Naef, SBD)


Noëlle Revaz hat eine Sprache gefunden, die zu reden geben wird. Ihr ist ein Roman gelungen, der die seltene Eigenschaft hat, mit seiner Artistik zu fesseln und trotzdem nicht selbstverliebt zu sein. Ein grosses Werk. Marcel Reich-Ranicki würde sagen: Uns ist eine Schriftstellerin geboren. (Peter Exinger, SonntagsBlick Magazin)


Was hier vorliegt, ist eine kongeniale Nachdichtung. Münzner konnte das Schiefe, Hybride an Pauls sprachlichen Bemühungen nicht einfach nachstellen, sondern musste die Kunstsprache neu erfinden, und das ist ihm hervorragend gelungen. Mit der 1968 geborenen Noëlle Revaz hat die schweizerische Gegenwartsliteratur eine gewichtige Stimme hinzugewonnen. (Martin Zingg, Der Bund)


Ich erinnere mich aus den letzten Jahren an kein überzeugenderes Debüt, und mich hat lange kein Buch ähnlich verfolgt. (Roger Willemsen)


Der brutale Monolog ist von seltener Direktheit und dabei so künstlerisch wirkend, dass jeder Satz butterweich in den nächsten läuft. Das liest sich weg, als würden einem die Augen an einer Winde durch die 300 Seiten gezogen. Das tut weh und ist doch so packend. Wow! Ein Psycho-Thriller der anderen Art. (Carsten Klook, textem und Financal Times)



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