Pressestimmen zu Brigitta Falkner





Anagramme, so wie sie Brigitta Falkner verwendet, setzen ein hohes Mass an Vertrauen in die Sprache und ein Höchstmaß an Misstrauen in Sinn voraus. Dass es ihr gelingt, beide Momente gegeneinander auszuspielen und stellenweise derart ratlos zu machen, dass man sich der Frage: «War das jetzt alles?» tatsächlich nicht mehr entziehen kann, um dann dennoch weiterzulesen, ist eine beachtliche Leistung. Die noch größere dieser vielleicht originärsten zeitgenössischen Dichtung in deutscher Sprache besteht darin, dem Unsagbaren, um das es in Dichtung geht, eine neuen Namen zu geben: Bunte Tuben. Oder weiß jemand, worum es bei Hölderlins «Schweigen wie goldgekocht» oder Rilkes «Rose o reiner Widerspruch – Lust niemandes Schlaf zu sein» tatsächlich geht? Wer von Gedichten etwas Lyrisches erwartet, dem sollte, daran hat schon Ossip Mandelstam erinnert, sofort ein Knüppel übergezogen werden. Brigitta Falkner tut das auf ziemlich vehemente und zielsichere Weise: Bunte Tuben tun weh! (Erich Klein, Falter)


Brigitta Falkners Bücher sind buchstabensprudelnde Quellen allerhöchsten Lese-, Kombinations- und Blickvergnügens. (Cornelia Niedermeier, Der Standard)


Brigitta Falkners Comics, Minidramen, Filmscripts, diese irrwitzigen «Szenen aus dem wirklichen Leben» (Ernst Jandl) sind die witzigste und intelligenteste Antwort auf die Aporien der literarischen Avantgarde seit langem. Wer da glaubte, Verfahren wie das Anagramm, das Palindrom oder das Lipogramm (der Verzicht auf einen oder mehrere Buchstaben) hätten sich erschöpft im langen Marsch der experimentellen, sprachspielerischen Literatur durch die neuere Literaturgeschichte, den belehren die genau kalkulierten (Bild-) Texte dieser Autorin eines Besseren. Dabei kann man es auch ganz altmodisch formulieren: Sie bearbeiten einen Gegenstand von allgemein gültigem Interesse auf unterhaltende und belehrende Weise. (Bernhard Fetz, Neue Zürcher Zeitung)


Es ist eine stille Trauer in Falkners poetischem Humor. In den Spiegelphänomenen der Sprache spürt ihre Literatur den Sinn auf. Falkners Palindrome und Anagramme, Fotos, Bildtexte oder Comics zeigen die Sprache bei der Arbeit und die Autorin mit einer reflexiven Leichtigkeit, die vor allem in der jüngeren Generation selten ist. Das Buch «Bunte Tuben», das mit schönen Bildchen seinen Gegenstand illustriert, ist «Witz-Decoder» und Vexierbild; man kann damit philosophieren oder sich in «Dunstebenen» fallen lassen. «Deco» oder «Code»? Unter seinem eigenen philosophischen Niveau wird man sich bei dieser «Zeichen- und Wundertüte» nicht amüsieren. «Zwo Stündchen brüten: die / zu Buchseiten werdende Not»? Mitnichten! (Paul Jandl, Neue Zürcher Zeitung)


In der Regelhaftigkeit des Anagramms entdeckt Falkner die Chance, auszubrechen. Heraus kommt allerhand Sprachmus, Sprachbrei, fleckige Wörter, die genüsslich aus jenem Vokabular ge-quetscht werden, das manche Akademiker dummerweise benutzen, wenns ums Dichtern geht («Sie wurden Dozentehen. Übt! Übt!»). Lyrische Interpretation wird ad absurdum geführt, wenn Falkner ständig auf die Tube drückt; ihre herausgepressten Wörter reflektieren sich selbst und den Umgang mit ihnen. Dabei bereitet es nicht nur der Dichterin grosses Vergnügen, den Worten, Lauten, Rhythmen dieses Sprachinventars immer neue, skurrile Formen abzutrotzen, sondern auch dem Leser, an solchen Experimenten teilzunehmen: «Wozu deuten? [...] Bedeutend! ... Wenn Ihr den Code wüsztet! [...] 0 den Tuben-Code, den bunten? [...] Benutzt Du den Duden? – Nee!» (Oliver Ruf, Der kleine Bund)


«Schöner Witz.» – «Unbedeutend.» Das ist das Buchstabenmaterial, das in einem einzigen langen Anagramm-Gedicht stets neu geordnet zu immer wieder erstaunlichen Sinneinheiten zusammenfindet. Brigitta Falkner ist die Meisterin des lockeren Spiels mit tieferem Sinn. Ihre Lyrik wirkt heiter, unbeschwert, ist mit dem verrückten Hang zum Nonsense ausgestattet. Dahinter verbirgt sich eine gestrenge Analytikerin, die ein starres System aufbaut, in dessen Grenzen sich der Wahnsinn ereignet. (Anton Thuswaldner, Salzburger Nachrichten)


Die Lettern splitterten. Kam eine Dichterin. Eine aus Wien, mit wachem Verstand. Mochte den Unrat leiden: die brüchigen Texte, kreisenden Sätze, zerstoßenen Silben. Ordnete sie. Ließ das beiseite, was hässlich war: «– die schönen Wörtchen indes benutze DU DICHTER!» Das tat sie denn auch. Tatsächlich ist der neue Band, der «Bunte Tuben» heißt, den Brigitta Falkner gerade vorgelegt hat, unheimlich hübsch geworden. Allein der Einband! So weiß! Die Typografie: im schlichten Anschnitt, mal fett oder schräg! All die Klammern, Fragezeichen, Ausrufezeichen! Insgesamt nur 14 Buchstaben! Ein Schmuckstück ist dieses Buch. Ein Gedicht über 40 Seiten. Ein Mega-Anagramm. (Oliver Ruf, die tageszeitung)


Ein Buch, das man gerne öfter zur Hand nimmt. Ein Text, den man immer wieder lesen kann. Ein bedeutendes Anagramm in Zeiten von Anagrammgeneratoren, denn die Möglichkeiten ausspucken kann er, der Computer, die Geschichte aber muss man immer noch selbst erzählen, und das wird Brigitta Falkner in dieser Perfektion so schnell keiner nachmachen. (Markus Köhle, The Gap)


Welches Potential im Anagramm liegt, welche Spielräume im Verhältnis zur bestehenden Anagrammliteratur noch auslotbar sind, Falkners «Bunte Tuben» lassen es erahnen, indem diese, fast Zeile für Zeile, die Erwartungen übertreffen, die man sozusagen nicht einmal hatte. (Astrid Poier-Bernhard, manuskripte)



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