Pressestimmen zu Anton Bruhin




Autor/Person:

Anton Bruhin hat viele Richtungen in der Kunst eingeschlagen, viele Kunstsprachen ausprobiert: Er dichtet, unter anderem in einer eigens erfundenen Sprache «Heldengesänge», die er mit eigens komponierter experimenteller Musik anreichert. Er zeichnet mit Bleistift und Feder, spielt Ethnomusik mit der Maultrommel, ein wenig bekanntes Instrument. Bruhin gilt auch als der Erfinder der elektrischen Maultrommel (1994). Er bereist mit seinen unzähligen Maultrommeln die Welt und trifft sich mit Maultrommelspielern und Maultrommelbauern, einer sehr raren Spezies. Über seine Weltreise gibt es einen Dokumentarfilm von Iwan Schumacher, betitelt mit der schweizerischen Bezeichnung für Maultrommel: «Trümpi» (1999). Ausserdem befasst sich Anton Bruhin mit Schweizer Ländlermusik. Schliesslich widmet er sich auch der Malerei. Ein Eindruck über den Maler Bruhin: «Wer eine Ausstelllung des Malers besucht, lernt allenfalls eine Facette des Künstlers kennen. Anton Bruhin setzt sich von der «Kunstinflation» ab, indem er der Endlosproduktion, dem Auskosten einer erfolgreichen Masche «bis zur bitteren Neige» die Suche nach dem noch nicht Dagewesenen entgegensetzt. «Ich will nicht einfach eine Schiene abfahren, die ich einmal angerissen habe. Das geht meist auf Kosten des künstlerischen Gehalt. Wer das macht, ist ein Holzblock.» (Obersee Nachrichten, 8. November 1990) Anton Bruhin ist alles: Ein «Welt- und Volksmusiker, Maler und Dichter, Klangtüftler, Erfinder und TrümpiEnzyklopädist» (NZZ 1999) Nicht unpassend wurde er als «Anton – Schwingerkönig der Metapher» (züri-leu, 5. Oktober 1976) bezeichnet.


Bruhin ist ein Besonderling: Dichter und Musiker, Maler und Plastiker in einem, ein Erfinder und Tüftler in seinem Gehäus, verschroben gewiss, von seiner Arbeit besessen, dabei sonderbar glücklich: einer, der mit keiner Konvention und Mode geht, sondern alles selber bedenkt und in die Hand nimmt. Aus jedem Ding blickt ihm eine Idee oder ein wunderliches Gesicht entgegen. Die ganze Welt wird dem beharrlichen Träumer zur Werkstatt.
(NZZ am Sonntag, Ressort Kultur)



Über «11 heldengesänge und 3 Gedichte»:

11 heldengesänge und 3 Gedichte» ist ein von Anton Bruhin in einer selbsterfundenen Sprache geschriebenes, von Hand gesetztes, illustriertes, mit zwei Schallplatten versehenes Werk. Die erste Auflage erschien 1977 im Verlag Adolf Hürlimann als Kassette mit Buch, Grafiken und zwei Schallplatten (zum Preis von 900 Fr.), noch heute bei Anton Bruhin zu beziehen. Dieses Werk liegt in 2. Auflage neu bei Urs Engeler, Editor als Audio-CD vor. Das beiliegende Textbuch gibt den Bleisatz und die Holzschnitt-Illustrationen, welche Anton Bruhin angefertigt hat, als Faksimile wieder.


Was sich beim Lesen nicht erschliessen will, mag sich auch gehört nicht eigentlich offen legen, aufschlüsseln. Kein nach irgendwelchen gängigen Konventionen zu erfassender Sinn kann sich schnellfristig aus diesen Sätzen einstellen, denn Bruhins Heldengesänge sind in einer von Bruhin selber erfundenen Sprache abgefasst worden. Der Trick dabei ist, dass man doch allerlei zu verstehen glaubt, wenn man sich einmal Bruhins meisterlichen Rezitationswogen aussetzt. Absichtsvoll erschallen kurze Trompeten- und Posaunensignale (Jürg Grau und Radu Malfatti), die voll stimmungsgeladener Zitate sind, Moritaten, Schaubudenpathos und Cinerama erwarten lassen und die Sätze Bruhins in unserem Hirn kolorieren und mit Bedeutungen tränken. Und der kühle Verstand hinkt hinterher und will alles wieder ausmerzen, was sich da scheinbar grundlos an «Begrifflichem» im Kopf einschleichen will.In einem sehr schönen Nachwort, das Giovanni Blumer für die «heldengesänge» verfasst hat und an diesem Abend als Einleitung vortrug, heisst es zum Heldensänger: «Er singt die Destillate des tausendmal wiederholten Erzählens, des kollektiv Angewöhnten, das nicht nur die Inhalte der Wandlung unterwirft, sondern auch die Silben und Wörter. Wenn Heldengesänge vom Dichtermund fallen, sind sie bereits durch das Volk Verdautes.»
(Tages-Anzeiger 1977??)


Die gedichteten Heldengesänge von Anton Bruhin, die im Pathos, in der heraldischen Patina und im geschichtlichen Nimbus in keiner Weise ihren berühmten Vorbildern aus der mittelalterlichen Ritterzeit nachstehen, bestehen aus lauter Worterfindungen. Während bei den Heldenepen die Freude an herrlich-unmöglichen Sprachgebilden noch überwiegt, so tritt bei den letzten Gedichten des Abends, mit so einfachen Namen wie «Vögeli» betitelt, die Bedrohung des Menschen in einer mechanistischen Zeit, deutlich hervor.
(Luzerner Tagblatt, 17. Oktober 1977)


Eindrücklich gelingen in den «Heldengesängen» Assoziationen in einer Sprache, die nicht deutsch ist, aber sein könnte», und die in lauter neugeschaffenen Wörtern einen durchaus verständlichen Inhalt mitteilt.
(Der Bund, 22. Oktober 1977)


Umgekehrt kann das Wort auch jedes Sinngehalts entkleidet werden: in den parodistisch entlarvenden «Heldengesängen» etwa, die sich -zuweilen an Franz Hohlers berühmte berndeutsche Geschichte gemahnend – als den blossen Erzählklang genau imitierender Nonsens erweisen. Das Neben- und Ineinander grotesker Geräusche und reiner Sprache kennzeichnet dann etwa ein Gedicht über die «Vögeli», die ebenso präsent sind in den Tönen eines ungemein modulierfähigen Blasinstrumentes wie in den ihr Dasein beschreibenden vertrackt-naiven Liedstrophen.
(Der Landbote, 19. Januar 1978)


Was es mit der seriellen Reihung von Vokabeln und Vokabelbruchstücken auf sich hat, das ist längst Lexikons-Weisheit. Aber Bruhin macht daraus, was er und nur er macht.
(Berner Tagblatt, 22. Oktober 1977)


Der spielerische Witz, mit dem Bruhin dann trotz einer philosophisch-ernsthaften Grundhaltung die Sprache selber handhabt, gemahnt in manchem an die übermütige Leichtigkeit der Dadaisten, doch zeigt er sich gerade in der auffälligen Nähe zur gegenwärtigen Mundartlyrik als durchaus heutig, indem er das humoristische Element teils steigernd aus ihr heraus entwickelt, ihr teils ironisch hinzufügt.
(Der Landbote, 19. Januar 1987)



Über «Spiegelgedichte»:

Man staunt über diese Texte, liest immer mal wieder einen rückwärts, um den Spass am Spiel zu haben. Da war einer am Werk, der sich radikal am Material der Sprache abarbeitet. «Klug? Ulk?» fragt er selber. Es ist klug, weil kunstfertig und sprachkritisch. Es ist ein Ulk, weil verspielt und oft nah am Nonsense. Doch diese Spiegelgedichte sind eine Spielerei mit Hintersinn.
«Gnudung» ist in diesem Kontext plötzlich mehr als ein stinkender Haufen in der Savanne, scheint Genauigkeit wert, ein zweites Lesen. Bruhins Kapriolen machen schwindlig, das Denken gerät ins Trudeln, buchstabiert rückwärts und springt übermütig.
(Eva Bachmann, St. Galler Tagblatt)


Das enge Korsett nimmt Bruhins Versen nicht die Luft, im Gegenteil. Trotz (oder gerade wegen) ihrer strengen Buchstäblichkeit können seine Palindrome verblüffende Sinneffekte freisetzen; sie wollen uns nichts «sagen», was sich auch anders sagen liesse, und darin besteht ihr Charme. Sie laden ein zur Sinnfindung, sie stellen Wörter und Sätze in ein anderes, gänzlich ungewohntes Licht und stiften damit Aussagen, die letztlich immer wieder mit einem Seitenblick auf die Launen der Sprache verweisen.
(Martin Zingg, Neue Zürcher Zeitung)


Wenn er etwas anfängt, dann kann er kaum aufhören. Über 20 Jahre versuchte er, Palindrome zu schreiben, Wörter und Sätze, die vor- und rückwärts gleich lauten. Und schliesslich gelang es: «Klug? Ulk?» «Ein O-Ton, o Monotonie!». Tagelang, nächtelang, wochenlang, monatelang sass er vor dem Computer und verhielt sich wie einer, der auf eine Goldader gestossen ist, nun nicht aufhören kann zu schürfen und dabei den Rest der Welt vergisst. Es entstanden zehntausende von Strophen und Gedichten. Beruhigend wie Rosenkranzgebete, erhellend wie Zaubersprüche. Und nun, endlich, gelingt mir doch noch ein lesbarer Eintrag in mein Notizbuch: «Eins sie weis: Sie weiss nie».
(Suzann-Viola Renninger, Schweizer Monatshefte)



Über «Reihe hier»:

Der Musiker-Maler Bruhin stellt Wortobjekte her, die man sehen muß. Ihre Größe allerdings – und mehr noch ihr Witz und Geist – übersteigt jede zeichenzählende Knobelei aus der Rätselecke. Von der Sentenz bis hin zum intrikaten Klammer-Sonett spannt er seine Wortwiderläufer auf. Wie er in den Wald ruft, so kommt’s zurück: buchstäblich. Dabei steht Tiefsinn neben höherer Blödelei. Her und Hin, Für und Wider, vor und zurück, alles bricht sich übers Spiegelkreuz und wird auf den Punkt der Symmetrie gebracht. So stellt ein Graphomane die Welt des linearen Lesens auf den Kopf. Sein Buch krönt das Genre. Tiefer hat noch keiner in den Setzkasten des Alphabets gelangt, ausgiebiger noch keiner im Untrüben der Buchstabensuppe gefischt. Mit einem Wort: oho. (Michel Mettler, www.readme.cc)



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