Peter Waterhouse

Freiheitsgespräche entlang einer Straße




A
Sie müssen wissen, daß die Würde und der Staub
eine besondere Verbindung eingingen.
Daß dort in der Höhe, über Autobahnschleifen
die Wagen fuhren, das war auch eine Würde
die manchmal grob klang, manchmal vollendet.
Hier unten wuchs kein Gras und die Schatten waren groß.
Es gab Gesang nicht mehr und auf den Plakaten
standen Worte wie: Geh fort! Bleib wo du bist!
Geh jetzt! Wer bist du? Kauf einen schnelleren Wagen!
Halt an! Wer bist du? Schnell!
Konkurs beeil dich! Wenn du die Kraft hast
heilige diese Konkurrenz! Töte dich! Wer bist du?
Denn es ist Revolution! Du hast keine Existenz!
Was hast du dann? Ach, was für ein Gesicht ich hatte
das der Verformung der Landschaft ähnlich war.
Sollte ich sagen, es ist schön? Dann wer sollte es sagen?
Es war groß. Ich war ein dickleibiger Mensch.
Ich trug an den Füßen schwere schöne Stiefel.
Was tat ich? Ich fand ein Verkaufstischchen.
Was verkaufte ich? Alles.
Zum Beispiel stahl ich Sessel, die irgendjemand - lang? kurz? -
abgestellt hatte. Ich stand dann mich mischend
aus Tugend und Gewalt, da war um mich
viel Gewinn, den sah ich doch,
lag geschützt in Hallen, jede Straße funkelte zu ihm hin
er brach so künstlich durch die Landschaft hindurch
und war sehr fest, manchmal schön wie eine Baumallee
manchmal das schönste inmitten der Wiesen.
Ich wollte doch nur das kleine, das wenigste oder die Straße lieben
sollte ich wissen, daß ich tief in mein Leben griff?
Und daß ich ein Woiwode war?
Ich hatte Diebsfinger, doch auch Ammenfinger.
Eigentum, Eigentum; ja soll ich denn noch Eigentum machen
soll ich mich noch einmal in diese Richtung predigen
noch einmal Veredelung und mauslose Zukunft und Prädikate.
Jetzt ist die Zeit der Schande.
Ammenhändig halte ich die Schande
so daß keiner der kleinen Golduhr übel will.
Wie heißt sie denn? Siemens tremens.
Eine standrechtliche Geburt. Ich hob sie
aus dem Gefunkel hervor.
Wer bist du, war da die Frage.

B
Ich habe Sie oft gesehen, hier am Tisch
der jeden Tag neu glitzerte, ein Lehrmeister, Einsager
daß ich selbst erneuert wurde
und dunkeläugiger, mit einer Bellstimme, fleischgieriger
und fiel nicht über diesen Tisch jederzeit eine Wolke
die ich, als Sie lebten
erkannte als die Atemwolke.
Nie war der Tisch von einem Zelt beschützt
aber von nichts
oder von einem Fell, einer geschmeidigen Körperbewegung.
Ich hatte mein Atom, ein so unbeschriebener Tisch.
Träume, nachts, von heftiger Liebe.
Täglich drehten wir stumm aneinander vorbei
denn ich bin so ewig frei.
Sie müßten in solch einer Vorstadt lange sitzen
in einer Kollision wäre dann mein Funke aufgesprungen
so verzweifelt ist mein Lachen. Ihr Tisch, mir herüber
der lachte. Hier wird immer nur Leidenschaft sein.
Ist nicht der Zaun Durchsicht zu einer Natur der Leidenschaft
jede Straße ein Feuerkleid, jede Halle Verwüstung der Geliebten
die diesen großen Umarmungen zusehen,
ist diese große Ebene, einer Stadt vorgelagert
so korrupt, daß ich zuerst groß werden muß
dann endlich klein zu werden?
Dann gehe ich, an dieser Straße zu spazieren
fort von Ihnen, auf die Banderolen zu
deren in einem Wind wehende Spitzen eines meiner Herzen berühren.
Initiative der Banderolen und die Fähnchen schwirren aufgeregt:
der Autoverkäufer, über einer abgesteckten Parkfläche
hat ein Luftweltbild geschaffen:
hier, dieses Vor- und Zurückfähnchen, übernimmt das Blinken
der Ampeln einer nahen großen Stadt.
Hier, ist die Kopftuchfarbe einer Frau in Libanon.
Bäume an einem Fluß, neigen flußeinwärts, Fahnen
dann sehe ich, von oben, die Mäander
denn Wind hat die Fahne zu neuer Bewegung gerissen.
Das Flußbild sinkt, da sehe ich in der Ruhe
die Farbe des Flusses
oder Blätter an einem Ast, das Reibegeräusch erhöht diesen Ort
in eine Allgemeinheit, der Ort flüstert mit
im großen Theater von Oklahoma.
Willkommen, aber geh weiter, ist hier der allgemeine Gruß.
Vollkommen, wir haben uns hier
der Verkommenheit gewidmet, Autoverkauf neben Autoverkauf.
Schau und erneuere dich. Du mußt deine Tücher wechseln
und deine Flußfarben, da du die Landschaft kennen willst.
Immer willkommen. Nachts bleiben die Beleuchtungen bereit.
Landschaft, Landschaft; aber, auf einer Lichtfläche
ist es das geschriebene Wort Leidenschaft.

C
Ich ging einmal und stand unter den Hügeln
sieben oder acht zählte ich
aber jeder einzeln war in einem Unterscheidensprozeß
der, sanft, doch etwas unangetastetes beließ;
alles in Prozession, aber dabei ein unausgetasteter Ausweg.
«Bleibt gleich, indem ihr euch zum Ausweg hin verwandelt!»
Über den Hügel liefen Lichtwellen
und durch das Licht liefen Landwellen.
Ein weiter bewaldeter Hang verschattete
zugunsten einer Kammlinie, die nach Westen immer länger wurde
bis sie weiß einen Bau erreichte, Turm Antenne oder Tempel
ein Kastell in diesem zu verlöschen.
Aufleuchtete jener weite Wald
und bekam ein Tal
und eine Leite
und ein sanftes Vorgebirge
und einen zweiten Wald
und Wiesen
oder wanderte, noch der gleiche?
schon ein anderer?
Grün, grün, unter einer Woge aber war es bald blau
aus einem Seitental ging gelbes Licht hervor
was geschah nämlich in großer Stille?
Minuten zeigte der Berg das Herz der Unterscheidung
das bei Windwetter deutlich wurde
oder bei diesem Windwetter seine besondere Unaustastbarkeit hat
einer Windmutter zugekehrt
die es wiegt
in einer Lichtkrippe.
Tal. Wald. Vorberg. Wiese. Wald.
Blaue Überschüttung.
Der Berg blieb stehen und ging doch
in das Tal, über einen Vorberg
zu einem Fluß hinab, und über einen Hang hinauf
dann über sich, dann über sich hinab
und stand doch ganz ländlich still.

D
Die Straße, in einem tiefen Licht, ist weiß.
Ganz weiß ist der Asphalt.
Fast jeder möchte sich auf ihre Fläche legen
aber wird von den Vernünftigen gehindert und beschützt.
Die Straße ist aber ohne Handberührung
ohne Wangenberührung
von allen die dort in Wagen fahren so beachtet
nur die Aufmerksamkeit fährt dort
auf einem Weißgoldgegenstand.
Bin ich denn besser als eine Landstraße
der allerdings die langen Schwingungen genommen wurden;
schon eine Landbahn geworden
und es gibt keine weiche Landschaft und dann die Ankunft
die Fahrer zielen sofort auf das Dorf dort vorne
bin ich denn besser als diese Landstraße?
Ich gehe unter den Empfangslampen des Dorfs
und die Fahrer zielen, aus einem Frühabend kommend
in das neutrale Dorf.
Wir wohnen hier, aber das heißt
oft fahren wir, aus dem weißen Dorf und den Empfangsanlagen
über die weiße Straße, sie ist das weiße Bett.
Wie soll ich Ihnen unser Dorf beschreiben?
Unsere Tankstellen sind weiß
der Himmel über dem Dorf ist, als hätten wir es so gewünscht
hell. Viele Wände sind mit Kacheln gedeckt.
Sie werden, fahren Sie auf das Dorf zu
den Eindruck der Durchsichtigkeit haben.
Nachts schalten wir weiße Lichter ein
und wir atmen weißes Kerosin.
Unsere Automobile sind weiß
unsere Augen.
Fahren wir zur Mitternacht auf die Vorstadt-Dörfer zu
da liegen sie unverfehlbar, alle sind nur tagweiß
als hätten wir dort Leintücher gehängt und Leinwände und Marocain
trocknende Wäsche auf den schwarzen Wiesen
aber achtloser, als ich es hier sage
und schon weit rufen wir: Grüß Gott, Weiß, öffnen.
Wir haben das Dorf verfeinert und verfeinert
bis es zu einem Zwischenraum wurde
wir haben vier neue Tankstellen gewählt, blaue, weiße
und ein Semperit-Kastell
und ein Gebrauchtwagen-Feld
einen Kiesfeld-Kristall
und eine gelbe Hausbau-Halle.
Ringförmig entstanden unsere Neuerungen um die Kasba
zu den Klängen der Leier Amphions
und nachts strahlen, wie von uns erbeten
die Schiffslichter und die Sommernachtslichter.
Da schlugen wir uns nicht in die Büsche
sondern da schlugen wir uns - villains - ins Dorf
das inmitten dieses Lichtrings war
und es stand verfeinerter als zuvor.
Wir suchen den Ort der Leidenschaft
und wir wissen, daß wir in ihm sind.
Hundert Meter außerhalb unserer Anlage wissen wir:
wir sind von der Leidenschaft fern
und gehen auf unser Positionslicht wieder zu.

E
Diese Landschaft ist unser Vomitorium
durch die Spei- und Speisekanäle kommen wir in das blaue Amphitheater
durch den Spielkanal zu dreihunderttägigen Tierhetzen und Tierversuchen.
Da sind wir alle auf vierzigtausend Sitzen
fünftausende stehen.
Zuletzt, nach Stunden der Auffüllung
gehen, traumsicher, in Friedenskleidern
die letzten männlichen Besucher durch den Senatoren-Bogen
und eine Treppe in die Höhe, zur freien Aussicht.
Aller Augen werden geöffnet
denn diese Landschaft ist, nach 60 oder 160 Stadien, Emesis mit Mimesis
- manches Dorf heißt Emesis oder stilles Emmaus
Was wir angerichtet haben und die freien Künste
da ist eine Gemeinsamkeit, die wir finden.
Und wir schauen und lassen die Kunst
durch ein Spei-Tal und ein Mai-Tal hingehen
und der Ausweg flührt nicht aus dem Land, pyrenäisch
sondern etwas tiefer einwärts
auf eine Tankstelle zu
oder ein Gefangenenblau.
Da steht kein Freiheitsbau, aller Augen werden geöffnet.
Freiheit, fremde Vorstellung.
Einkehr ist und
Einkehrstraßen, Einkehrsteine, Supereinkehrmärkte
alle Hallen sind doch Einkehr für Coca-Cola und Agri-Cola
Cultura-Wohnungen
wir schauen und schauen.
Das sind bittere Stunden
und bittende Stunden.
Aus der Südenkurve steigen Leuchtraketen
in einer Unruhe gehen viele umher, das Freie suchend
Einkäufer, Eis- und Bierverkäufer gehen durch die Reihen
ein Brand-Tor wird zwischen West und Ost geöffnet.
Freiheitsdörfer, sagen manche
aber die sind die Totschlagdörfer
wir schauen in oder sind in großen Landschaften
und industriellen Leidenschaften, Landspeichern,
freie Dörfer? Sie waren sehr heiß
wir ließen sie an Kreuzungen kühlen
blau gefangen.
Die ersten Reihen beginnen zu speien.
Das Wort reicht in hohes Alter
es hat große Speicher
frei entspricht zunächst dem lateinischen privus
welches einzeln, besitzend, eigen, eigenhändig, besonders
mit Eigentum, auf günstigem Gelände ausdrückt
der Freie ist sein selbes eigen (Eigen)
selbständige unbesiegte Völker heißen Freie und Franken
Freche, freien ist lieben
gleich wie sich aneignen, heiraten, werben
an einem Freitag; privus
weil domesticus und familiaris, ist auch zahm
und frei nähert sich dem Begriff des Milden und Schönen
dem schönen Eigentum.
Freie Menschen bilden und freie Völker, freie Staaten
und in Königreichen und Königreihen sind noch freie Städte
freie Dörfer, freie Häfen.
Freies Speien, unter einigen allgemeinen Gesprächen
unter offenem Himmel.
Wasserspeier sind aufgestellt.
Das Vomitorium steht an der pleine rue.
Nichts gefährlicher als ein allzufreies Gespräch
das einen halbstrafbaren Zustand
als einen gewöhnlichen, ja löblichen behandelt
als sei die Rede von Höhen, Hängen
Flächen, die mit Weide, Wiese, Früchten und Wald immerfort abwechselnd
einen frohen Blick gewähren.

G
Dann Stille
und ich verneige mich
vor der still rauschenden Landschaft
von einem Berg herab
in die Stille.
Und ich höre, in diesem blauen See
die Hände Wäsche falten
und Kacheln waschen
und Pferde striegeln
und Speise tragen
und, mit dem Winkeleisen, auf die Frau schlagen
ich höre
das Motorrad stürzen
die Zahlenmechanik in der Tankstelle
den Bohrkopf im Mauerwerk
den Bleistift, die Unterschrift zeichnend
das Kaffeemahlen
den Traktor und das Sprudeln der Düngmaschine
und Trauben schneiden
und Fußball spielen
Ziegelsteine legen
Fensterglas putzen
Blätter kehren
ins Postfach Werbeschrift schieben
die Nähmaschine
den Motor des Aufzugs
in dieser Stille.
Denn ich stehe über einem See.
Ich höre
Tierhaut entborsten
Fleisch schneiden
Filterrauschen
den Piepslaut der Kassa
den Riß in der Jacke
den Pinselzug über ein Zaunbrett
ich höre das Klettern auf einen Strommast
Schilf mähen
eine Zündkerze schrauben
Rufe auf dem Märzfeld
Mandeln reiben
Wasser kochen mit Quitten darin
die Stimme des Landvermessers
das Wort Markscheide
und das Fließband fahren
und das Bewässerungstor, als es knirscht
und die Räder auf der Schiene.
Ich seh, sehr weit, auf einem Feld
fallengelassen?, immer schon dort?, mich täuschend?
Sumpf?, Moorwald einst?, Torfboden?, feuchtwarmes Klima?
den Anthrazit.
Stein dieser Stille
und dieser Flüchtigkeit
und dieses Rauschens?
Spreng- Kunst- Farb- Riechstoff
Pech Waschmittel Anilin Film Desinfektion C C-Sterne
Leuchtgas Heilmittel Insektgift flüsternder Asphalt
Alkohol Öl Lack Gas Benzin,
schwarz, sedimentiert, still.
Nicht frei, sondern sedimentiert.
Litorinagebildet, limnegebildet, aiolosgebildet,
seh ich und höre das Anthrazitland
die Trümmer, die Kastellruine, die Korngröße des Hauses
den Kieselweg, den 2 Millimetersand am Straßenrand, den Ziegellehm
gelagert und befeuchtet in der Halle, Ascheteilchen, Lapilli
Bomben-Tuff, Schlacken auf einem Lastwagen, helles handgroßes Bimsglas
Splitter auf der Straße, die Kalksinter-Halde
die Salzfäßchen auf den Tischen des Gasthauses, das Doppelsalz, den Gipsarm
eines im Krankenstand, die Benzinspritzer aus dem Zapfhahn
den Dolomit und das Riff, Rauch, Regen, Schnee
Einschlüsse, Nagelfluh, den Sandlückenraum wassergefüllt am Teichufer
Mineralkörner, einen der Mörtel anmischt, Quarz das Wort aus dem böhmischen Bergbau
den Quarz der Armbanduhr in einer Vakuumkapsel
den Tischler mit Sandpapier in der Hand, der Arm ruckt
und eine feine Wolke sinkt daraus
dann die hundert Meter hohe Trombe (den Staubteufel)
die vom Boden einen da liegenden Reifen anhebt
und ihn zwei Kilometer weit fortträgt
Feldspate, Flußspat, Bergkristalle zu meinen Füßen, Drusen
Citrin und Morion, blau schimmernder Mondstein, Or, Glimmer (Katzengold)
das Labradorisieren, Glasmurmeln
(die Welle murmelt, summt, reibt im Kiesbett)
(der Marmor reibt, arbeitet, murmelt)
(die Landschaft reibt, arbeitet, murmelt)
die Mure, moraine Wort aus dem Idiom des Tals von Chamonix
und aufgeschrieben in den «Voyages dans les Alpes» (1779)
dann 1799: «Nun war die Moraine des Gletschers erreicht»
ich seh und höre die Kohlensäure in der Luft, und Geröll
den Berst- Spreng- und Brechzustand, den wir Fels nennen
und Fluh oder Fliehen und Abspringen, Flucht und Fluten
Flug und Fluß, Fluh auch als von Gras und Bäumen entblößte Örter
das Feld erscheint steinig und felsig (feldig)
von wo ich stehe sehe ich in der Südbucht das Steinfeld
unter dieser Bergrippe Horeb
ich bedenke Luthers Irrtum oder Übersetzung:
Herr mein Fels, mein Burg, mein Erretter
aber lateinisch: firmamentum meum, et refugium meum
et liberator meus, und bedenke Luthers
Erretter, nicht Befreier
Löß, Geschiebe, eine Mulde, Kuppen, Mergel
Mergel als Zement-Rohstoff in Mauern, Brückenpfeilern
der Fahrfläche der Autobahn, im Tankstellendach
pulvrig in Säcken, die dort einer trägt, auf dem Rücken
dann, über die Schulter, abrutschen läßt auf den Lastwagen
und zurückgeht und die Finger streckt,
die Handinnenflächen betrachtet.
Hände die Wäsche falten.
Hände die die Kachelwände waschen.
Hände die Pferde striegeln.
Hand die schlägt.
Hand als der Motorradsturz sich ereignet.
Hand mit einer Nähnadel zwischen zwei Fingern.
Hände falten Wäsche, weißer, kalkiger Vorgang.
Hände des Tellerwäschers.
Hände die Tierhaut schneiden.
Hände auf der Tastatur der Kassa.
Malende Hände vor einem Holzzaun.
Hände des Kletternden auf dem Strommast.
Die Hand die Mandeln reibt.
Hand darin Quitten.
Wäsche faltende Hände; zerfallen diese Bewegungen
oder sterben sie, versteinern sie, zerspülen sie im Regen
denn ich bin in einer Sedimentations-Landschaft
Anthrazit-Landschaft
die Hallen zerfallen leise, Farbpartikel wehen durch die Luft
verstehen Sie, ich bin ja, in dieser Landschaft, ein Mensch mit Magenschmerz
und ich esse Kohle und Tierkohle, Sediment-Schwärze.
Dann Stille
und ich verneige mich
vor der stillen sterbenden Landschaft
von einem Sterbe-Berg herab
in die Stille.
Und wieder frage ich, denn
bin ich nicht vor einer Quelle
frage wieder: zerfallen die Bewegungen
oder sterben sie, zerspülen sie vom Regen
ist hier der Ort der Strömung
des Sammelns von Lumpen und Knochen und Profit
in der äußeren Erscheinung des Haderlumpen
mit jenem weit um Kopf und Hals geschlungenen Tuch.
Dort sehe ich, draußen, die Sprachtafeln
auf diesen die Schrift: Semperit senkrecht
metergroß City und Welt, Großmarkt der Blumen
hinter Buschwerk Ozean Café, Philipp oder Pferdefreund fast fliegend
Mobil-Stern, Elektronik Teile, 25.000 Liter Tankwagen
als beweglicher Titel dunkelgrün geschrieben
dazwischen auch Kilometersteine, Wegweiser
und dunkelblaue Wortflächen Autobahn entlang
und mein Gesicht scheint und ich weiß es nicht wie,
die Haut scheint, daß ich auf sie einen Schleier legen muß
und mich verneige und es ist still.
Gekleidet in äußerstes Urim und Thummim
(das äußerste Licht und Recht).
Denn, nicht zu heilen
und nicht abzuweisen, steht diese Küste
leuchtend wie das Gesicht
teilweise verschleiert
offen jedem, der in den inner-zerbrechlichsten Strom spricht.
Da ist nicht Landschaft und wird nicht eine bessere
sage ich herab,
nur Licht und Recht.
Dichtung und Sprechen
Sicht und Flächen
Licht Recht

H
Aber doch ist es so, daß die Lampen und Lichter
mich bloß beleidigen. Denn
in gewisser Nacht leuchten sie beständig
ich gehöre nicht zu ihnen und vergehe mich.
Blaß sind die Lichtpunkte entlang der Straße
jeder bedeutet Alteingesessenheit, Elektrizität und Eigentum.

G antwortet
Auch das Licht sedimentiert.

H
Ich irre.

G antwortet
Das Licht irrt, brandet.

In dir sind Einsprenglinge, Einschlüsse.
Es wird die Bernsteinküste.
Die Bäume harzen.
Die Landschaft harzt in dich.

I
Auch ich denke daran unter allem
daß mein Geburtsort weit ist
meine erste Nacht
und meine erste Sprache
und meine erste Landschaft.
Hier, bei Ihnen und in Ihrer Nähe
setze ich mich fernen Ländern aus.
Ich arbeite ohne Verträge, schutzlos
und manchmal bis drei Uhr der Frühe.
Ich wasche, in einer Gasthofküche, Teller, Messer, Gabeln, Löffel
dann, ganz woanders, Treppenhäuser
nachmittags, wie einem Schinder helfend, Fett und Haut und Knochen
sammeln in Wannen und verladen
abends fahre ich mit den Bussen mit
und bin sehr gleichmäßig
eine Andeutung von Gleichheit.
Auch sitze ich in meinem Exodus-Zimmer
umgeben von Landschaft und Gewalt
ich habe die erste Nacht nicht mehr
und fahre dann
durch die Dörfer, zu Haus und Haus
bald weiter. Wenn ich über Straßen gehe
ist es wie ein unterirdisches Gehen
auch meine Arbeit ist unterirdisch.
Ein Unbekannter, der mir entgegentrat
gab mir keinen Gedanken, sondern
wollte gleich knieen und mich unbekannt lieben
schnell und sicher und unsichtbar.
»Verlassen wir dieses Land für Minuten.«
Liebende und Gegner in diesem Unterschlupf.
Ich liebe keinen, habe ich Gegner?
Kinder, ein solches Wort gilt für mich gewiß
nur in einem ganz anderen Süden.
Also spreche ich es wie nie.
Hier arbeite ich also, daß im Süden
meine Kinder reicher werden
und ich bin im Land der Liebe.
Ich bin in der Untererde der Liebe
auch ich esse die gemischte Kohle.
Ich bin aus der ersten Nacht
immer nur in die Liebe gefahren
inner-zerbrechlichster Strom, den erlebe ich.
Ich unterscheide die Liebe.
In der ersten Nacht der Wahrnehmung: wir lieben.
Das umliegende Ackerland brennt
Nachtigall ist rot geblendet
und die grünen Zweige träumen.


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