Birgit Kempker

Im Bett mit Europa




Der Vater der Väter langweilte sich, zusätzlich hatte er Angst vor der Mutter der Mütter, Spass haben wollte er doch, also dachte er nach: war da nicht mal was? Klar, Europa. Er der Stier und sie die Braut. Das waren Zeiten. Zeus läufts im Mund zusammen.

Stop mein Herzchen, sagt Hera, ich bin dran mit Spass, was tropft dir der Geifer umsonst aus dem Maul? Bevor du meckerst, schau mal wohin, sagt Zeus, ich tropf ja nicht irgendwohin. Hera schaut runter. Oha, die erkennt sie halbblind und sie flucht: ausgerechnet Europa, ausgerechnet auf die empfindliche linke Brust, fürchte dich, mein Früchtchen. Hera holt aus mit der Keule. Zeus hält die Keule zurück. Jetzt du, sagt Zeus. Hera ziert sich. Was ich, fragt Hera. Willst du Spass oder nicht? Hera will. Hera spuckt. Unten zischts. Zeus guckt runter. Oha, sagt Zeus, getroffen. Wer ist das, fragt Hera. Auf die rechte Brust, sagt Zeus. Ich frag nicht wohin, ich frag wer, sagt Hera. Hera schaut runter. Kenn ich nicht, sagt Hera, kann ich nicht erkennen mit meinem schwachen Augenlicht, gib mir meine Brille. Zeus ist beleidigt. Ein Zeus, der seiner Frau kein starkes Augenlicht bescheren kann, ist ein Armleuchter. Zeus reicht Hera die Brille. Er seufzt. Die ist brandneu, schreit Hera, die hattest du noch nicht, die ist blutjung, mit kräftigen Knochen, ein herrliches Gebiss und bebende Flanken. Hera bläht die Nüstern. Was hast du, fragt Zeus. Eine böse Ahnung hab ich, sagt Hera, die bekommt dir nicht, beim Zeus, ich erschlag dich. Hera holt aus mit der Keule. Zeus hält die Keule zurück. Das ist Helvetia, sagt Zeus, da war ich nicht dran, ich schwörs, du kannst sie haben. Ein dralles Ding, sagt Hera, appetitlich. Für jeden eine, sagt Zeus.

Da schlendert Amor vorbei. Er zieht den Pfeil aus dem Köcher, putzt ihn, leckt ihn und steckt ihn zurück. Dann tippt er mit dem spitzen kleinen Finger auf die Keule. Was sind das für Methoden, fragt Amor. Och, sagt Hera, bisschen windstill hier. Bisschen Fächeln, sagt Zeus. Amor tippt auf den scheckigen Hals der Hera. Und das? Spass, sagt Zeus, bisschen himmlischer Spass. Amor wirds mulmig. Gefällt mir nicht, sagt Amor. Dann guck dich doch um, sagen Zeus und Hera aus einem Mund. Das gefällt Amor noch weniger. Er guckt runter. Aha, sagt Amor, Europa und Helvetia und ihr macht sie an, das ist mein Geschäft, ihr spuckt mir ins Revier, ist schon was von der Sache bekannt? Der Sekretär legt sein Ohr an die Welt. Einbinden, sagt der Sekretär. Einbinden, fragt Zeus. Oder Anbinden, sagt der Sekretär. Aha, sagt Amor, da haben wir die Chose, schön pervers die Sache. Ich glaub es ist politisch, sagt Zeus. Du pfuschst mir ins Zeug, sagt Amor, nix politisch, wenn was mit Einbinden oder mit Anbinden ist, dann ist es erotisch, hoch erotisch. Dann tu was, sagt Hera. Amor tuts.

Da wacht das trotzige Alpenkind auf, es schaut sich um, sind hier Ameisen? Was kribbel ich so von Kopf bis Fuss? Was bin ich so quicklebendig? Was nässt meine rechte Brust? Bin ich trächtig?
Was klebt mein Kopf? Buhlte ein Adler in meinem Haar? Was jagt mein Herz? Legte ich ein Hindernis zurück? Was quillt mein Schoss? Leckte ein Zicklein mein Moos? Was flattert mein weisses Gewand so unschuldstrunken und mutterseelenallein? Ist wer im Hain?

Da regnete es meterweise Hanf von oben. Was mach ich mit dem Hanf in meinen Händen? Wer will damit gebunden sein? Niemand war da. Da ging das Alpenkind auf Wanderschaft, so lang, bis ihm gefällt, was es an sich binden will. Es ging dem linken nassen Brustnippel nach, Tage, Wochen, Jahre, sie war nun eine reife Frau, da sah sie von weitem ein Glänzen. Ihr liefs im Mund zusammen. Sie lief drauf zu. Da lag was sich zu binden lohnt und wand sich vor Vorlust und Wonne, der rechte Nippel stak stolz und wild in den Wind, so nass, als sei hier schon immer der Sitz der Zunge der weitgereisten Alpenfrau. Europa hielt still und verzückt machte sich Helvetia an ihr zu schaffen und wenn sie nicht gestorben sind, dann schaffen sie es heute.


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