Urs Engeler

Zu Schuldt/Robert Kelly/Friedrich Hölderlin: Am Quell der Donau



Die Hörspielfassung von «Am Quell der Donau» durch Schuldt ist eine Feier der Stimme, von ganz verschiedenen, auch «ungeschulten» Stimmen, nicht der von Schauspielern im Mund gedrehten, die jedes Wort mit ihren muskulösen Kiefern zerkauen. Damit sich entfalten kann, was in Stimmen (und Menschen) liegt, braucht es den Klang (und den Gehalt) großer Dichtung, und damit große Dichtung entfalten kann, was in ihr liegt, braucht es Stimmen, die sie sprechen, und Ohren, die hören. Das ist gegeben schon in der Grundidee von Kellys Übersetzung Friedrich Hölderlins «Am Quell der Donau»: Robert Kelly, der Amerikaner, hört die deutschen Worte mit seinem amerikanischen Ohr und spricht sie mit seinem amerikanischen Mund nach. Er übersetzt also. Man kann das in dem (auch typographisch schön gestalteten) Buch bei Steidl nachlesen (dessen Webseiten gerade in Arbeit sind, deshalb hier der Link zur amerikanischen Ausgabe), und man kann es auf der CD, die dem Buch beiliegt, hören, kann dort Robert Kelly beim amerikanisch-deutschen Vorlesen von Hölderlin und beim amerikanischen Nachsprechen des Gehörten zuhören und kann weiter hören, wie (der Russe) Anatol Kobylinski wiederum (Schuldts deutsche) Übersetzung der Kelly-Übersetzung vorliest, eher noch: wie er Kelly, dessen Stimme der seinen so nah ist, mit seinem russisch gefärbten Deutsch nachspricht. Das ist Übersetzen, auch das Übersetzen eines Textes in ein Hörspiel, als zuhören und nachsprechen, das Ohr dicht am Mund. Schlicht brilliant.